Warum sich der Private-Equity-Investor Capvis zurückzieht
Der Frankfurter Standort wird geschlossen, einen neuen Fonds soll es "vorerst" nicht geben - was ist bei dem Schweizer Private-Equity-Investor Capvis los? FINANCE hat CEO Daniel Flaig gefragt.
Das schwierige Umfeld für Private-Equity-Fundraisings zieht erste (öffentliche) Konsequenzen nach sich: Ende Februar hat der Schweizer Finanzinvestor Capvis bekanntgeben müssen, das Frankfurter Büro zu schließen und "vorerst" kein Kapital für einen klassischen Private-Equity-Fonds einwerben zu wollen.
Warum geht Capvis ausgerechnet jetzt diesen Schritt, wo es im Private-Equity-Geschäft aktuell mehr denn je darauf ankommt, Vertrauen zu den Unternehmern durch Nähe und Erreichbarkeit aufzubauen?
Capvis stellt Fundraising ein
Der Grund für Capvis' Rückzug: "Die Situation am M&A-Markt ist aktuell schwierig. Weil keine Exits vollzogen werden, wird auch keine Liquidität freigesetzt, was Fundraisings wiederum herausfordernd macht", leitet Daniel Flaig, Partner und CEO von Capvis, ein. Lediglich "ganz große Fonds" sowie Nischenanbieter kämen aus seiner Sicht derzeit noch an Kapitalzusagen.
"Wir haben die schwierigen Marktbedingungen in unseren Fundraising-Gesprächen zu spüren bekommen."
Für den klassischen Midmarket, in dem auch Capvis unterwegs ist, sei es im Moment "extrem schwierig": "Für europäische Fonds, speziell aus der DACH-Region, ist aktuell nicht viel Geld im Markt verfügbar", findet Flaig. Investoren aus Nordamerika, Asien sowie dem Nahen Osten würden derzeit angesichts der geopolitischen Lage "einen großen Bogen" um mittelgroße Fonds aus Europa machen. "Und das haben wir in unseren Gesprächen durchaus zu spüren bekommen", fasst er zusammen.
Capvis verfolgt künftig Deal-by-Deal-Ansatz
Also hat sich Capvis dagegen entschieden, das Fundraising fortzuführen - mit der unsicheren Perspektive, ob es dem Finanzinvestor überhaupt gelingen wird, einen neuen Fonds erfolgreich aufzulegen. Zu Zugeständnissen an die Geldgeber waren die Schweizer indes nicht bereit. "Wir sehen zuhauf, dass Wettbewerber ‚Goodies' zusagen. Einige Häuser versprechen ihren Investoren etwa einen gewissen Anteil an Co-Investments - zum Beispiel 2 Euro für jeden zugesagten Euro", berichtet Flaig.
Stattdessen wollen die Schweizer nun einen Deal-by-Deal-Ansatz verfolgen, der laut Flaig von den Limited Partners, darunter auch größere Family Offices und Privatbanken, bevorzugt werde. "Für direkte Co-Investments steht mehr Kapital zur Verfügung", ist der Private-Equity-Manager überzeugt. Tatsache ist aber auch: Der neue Ansatz von Capvis, der ab Anfang 2025 zum Tragen kommen soll, ist auch eine Art Entgegenkommen an die Geldgeber, um im hart umkämpfen Markt zum Zug zu kommen.
Aber auch bei den Unternehmern wollen die Schweizer mit dem Deal-by-Deal-Ansatz punkten: "Die Vorgehensweise gibt uns deutlich mehr Flexibilität bei den Deal-Strukturen und macht die von Familien oft gewünschten signifikant längeren Laufzeiten problemlos möglich", sagt Flaig.
Auf der Suche ist Capvis nun nach Investoren, die bereit sind, auch größere Tickets zu ziehen. Und nicht nur das: "Wir brauchen außerdem Geldgeber, die mit Abbruchkosten einverstanden sind, falls ein Deal nicht zustande kommt. Schließlich entstehen auch bei einem gescheiterten Deal Kosten, wie etwa für eine Due Diligence", sagt Flaig.
Capvis will bei Nachfolgen unterstützen
Die allgemeine Investitionsstrategie bleibt von dem Strategieschwenk aber komplett unberührt, betont der Finanzinvestor auf Nachfrage. Die Schweizer kaufen in der Regel Firmen mit einem Unternehmenswert zwischen 100 und 500 Millionen Euro mit Sitz in der DACH-Region. Der Fokus liegt dabei auf den Sektoren Healthcare, Industrial Tech sowie Advanced Services & Software.
Zwar heißt es in der Ende Februar veröffentlichten Mitteilung, Capvis ändere den Fokus und konzentriere sich künftig auf Nachfolgelösungen. Doch auf diese sind die Schweizer ohnehin schon ausgerichtet, heute machen Nachfolge-Deals bereits rund 60 Prozent ihrer Transaktionen aus. Auch bei den vergangenen Deals Adex, Schurter und Arag handelte es sich um Nachfolgelösungen.
Der Fokus auf diese oftmals nicht einfachen Deals passe auch gut zum Deal-by-Deal-Ansatz, wirbt Flaig: "Ohne den Druck eines Fonds können wir uns einen längeren Anlagehorizont erlauben. Und den brauchen wir auch, um die Unternehmen ordentlich umzubauen und weiterzuentwickeln."
Was passiert mit dem Frankfurter Capvis-Team?
Für das Capvis-Team bedeutet der Strategieschwenk hingegen durchaus Veränderungen, denn der Schweizer Finanzinvestor schließt sein Frankfurter Büro, um Kosten einzusparen. Derzeit befindet sich Capvis in Gesprächen mit den sieben Frankfurter Mitarbeitern. "Einige werden in die Schweiz umziehen, wiederum andere orientieren sich um", sagt Flaig. Weitere Details und Namen will der Private-Equity-Manager nicht nennen.
Gemäß der "Linkedin"-Profile dürfte es sich bei den betroffenen Mitarbeitern aus dem Investment-Team unter anderem um Andre Perwas (Partner und Head of Advanced Services & Software), Kaili Shen (Director), Samuel Dieterle (Associate Director) und Daniel Hagn (Associate) handeln. Alle vier haben in ihren Profilen Frankfurt als Standort angegeben. Darüber hinaus sind die ESG-Managerin Nikola Engelhardt und eine Office Managerin in der Mainmetropole ansässig.
"Das Frankfurter Büro haben wir nie als einen Hub für das Dealmaking in Deutschland verstanden, sondern als einen kleineren, zweiten Standort. Transaktionen haben wir ohnehin vornehmlich aus der Schweiz heraus abgebahnt", rechtfertigt Flaig die Büroschließung.
Capvis will kurzfristig nicht an den Fundraising-Markt zurück
Was heißt die Veränderung bei Capvis für die bestehenden 16 Portfoliounternehmen, darunter die deutschen Unternehmen Adex Partners, Hessnatur, Kaffee Partner oder Proxes? "Unser Fokus liegt jetzt neben der weiteren Deal-Generierung auf dem Portfoliomanagement. Aus unseren Firmen können wir noch viel herausholen", ist Flaig überzeugt.
Exits stehen laut dem Partner ebenfalls auf der Agenda, wobei das Umfeld für Verkäufe immer noch kein leichtes ist. Die aktuellen Beteiligungen verteilen sich über drei verschiedene Fondsgenerationen, aus dem aktuellen fünften Fonds, der 1,2 Milliarden Euro schwer ist und 2018 aufgelegt wurde, kann Capvis sogar noch Plattform-Investments stemmen.
Bleibt zuletzt die Frage: Kann sich Capvis vorstellen, wieder ins Fundraising zu gehen, wenn sich die Wogen am Markt wieder geglättet haben? "Kurzfristig nicht, aber komplett ausschließen möchte ich es nicht", so Flaig. Möglich wäre zum Beispiel auch ein hybrider Ansatz, ergänzt der Manager.
Bis auf Weiteres bleibt das Fundraising-Umfeld aber angespannt. Womöglich könnten weitere Player in eine ähnliche Situation wie Capvis geraten. Zumindest am Markt fallen die Namen bestimmter Häuser immer wieder. Diese müssen sich dann überlegen, ob sie das Fundraising trotz des Gegenwindes fortführen.
„Warum sich der Private-Equity-Investor Capvis zurückzieht“ (Finance Online, 07.05.2024 von Olivia Harder | © F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH, Frankfurt. Alle Rechte vorbehalten. www.finance-magazin.de